Kunst, Kultur und Politik im 20. Jahrhundert
herausgegeben von Jutta Held, seit 2007 von Norbert Schneider und Martin Papenbrock
Bisher erschienen
Bettina Dunker: Zeitgenössische Kunst im Zentrum der Demokratie. Die Funktion der Kunst für die Repräsentation des Bundestages. VDG Weimar 2013.
Welche Funktion hat die Kunst für die Repräsentation des Bundestages?
Bei der Ausstattung des Reichstagsgebäudes werden strukturelle Probleme des Umgangs mit Kunst und Ästhetik in der Demokratie deutlich, die sich im Spannungsfeld von Kunstförderung und staatlicher Neutralität bewegen. Der spezifische Stellenwert von Kunst für den Bundestag wird in der Entwicklung bundesrepublikanischer Repräsentation seit Bonner Tagen sowie im Vergleich mit Parlamenten anderer Demokratien deutlich.
Die vielfältigen Erwartungen an die Kunstwerke im Bundestag werden analysiert, die von Anregung zu Reflexion und Kommunikation über Inspiration bis hin zu Identitätsstiftung vieles leisten sollen.
Ein zentrales Charakteristikum des Kunstkonzepts sind die ausschließlich zeitgenössischen Werke, die als Symbol für Innovation und Kreativität, aber auch als historisch "unbedenkliche" Kunst für die Repräsentation des Bundestages eingesetzt werden.
Anna Pawlak/Kerstin Schankweiler (Hg.): Ästhetik der Gewalt - Gewalt der Ästhetik. VDG Weimar 2013.
In einer bis dahin nie dagewesenen Distanzlosigkeit und scheinbaren Evidenz konfrontieren uns medial vermittelte Bilder der Gewalt täglich mit Krieg, Folter sowie Selbstmordattentaten. Doch nicht nur die aktuelle, sondern auch die historische Omnipräsenz und Valenz von Gewaltdarstellungen fordert die Kunstgeschichte und ihre Methodik dazu heraus, sich mit dem ikonischen Charakter dieser Bilder und ihrem spezifischen geschichtlichen Kontext intensiv auseinanderzusetzen. Der vorliegende Band geht deshalb der Frage nach, inwiefern Konzepte einer Ästhetik der Gewalt sowohl epochen- als auch gattungsübergreifend zum Ausdruck kommen oder inwieweit Brüche und Diskontinuitäten innerhalb der Genealogie bildimpliziter Gewalt feststellbar und analysierbar sind. Er legt den Schwerpunkt auf Gewalt als visuelle Konstruktion, die in den versammelten Beiträgen an Kunstwerken vom späten Mittelalter bis zur Gegenwart in ihren Grundstrukturen und ihrer Wirkungsmacht im Sinne einer Gewalt der Ästhetik untersucht wird.
Kathrin Raminger: Politik der Bilder: offizielle Ausstellungen im Franquismus und ihre politischen Funktionen (1936-1951). VDG Weimar 2011.
"Politik der Bilder" befasst sich mit der politischen Instrumentalisierung von Kunst-Ausstellungen im von Faschismus und Isolation geprägten ersten Drittel der spanischen Franco-Diktatur. Basierend auf kunstsoziologischen und bildwissenschaftlichen Methoden hat die Autorin anhand repräsentativer Beispiele offizielle Ausstellungen des Regimes im In- und Ausland auf ihren politischen und ideologischen Gehalt hin überprüft. Dabei fanden nicht nur inhaltliche und stilistische Charakteristika der ausgestellten Werke Berücksichtigung, sondern auch personelle Verstrickungen sowie innen- und geopolitische Rahmenbedingungen der Veranstaltungen. Politische Intentionen und Funktionen der Ausstellungen wurden anschaulich dargelegt und deren Mechanismen - ausgehend von der sprichwörtlichen "Macht der Bilder" - einer eingehenden Analyse unterzogen. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf der Rolle der Ausstellungen im Legitimierungs- und Identitätsbildungsprozess von Diktatur und beherrschter Gesellschaft.
Jutta Vinzent: Identity and Image: Refugee Artists from Nazi Germany in Britain 1933-1945. VDG Weimar 2006.
This book explores the image and identity of émigré painters, sculptors and graphic artists fram Nazi Germany in Britain between 1933 and 1945. It focuses on a neglected field of Exile Studies, that of exiled artists in Britain. Methodologies used in this study have been developed by Exile Studies and History of Art, but also by Postcolonialism, scholars of which usually apply their ideas to the Afro-Asian emigration of the second part of the twentieth century. Thus this study represents methodologically a new way of looking at the emigration from Nazi Germany.
Identity and Image is divided into five chapters: After an introductory Chapter One (historiography of the topic, methodology of the study, structure of the book), Chapter Two establishes socio-political patterns of emigration and provides an historical framework for Chapters Three and Four, which concentrate on the image and identity of the refugee artist, the former based on written sources and the latter on visual material. In detail, Chapter Three analyses the British image of the refugee artists and their works on the one hand and the émigrés`self-representations on the other, the latter exemplified by refugee organisations (the Free German League of Culture/Freier Deutscher Kulturbund, The Austrian Centre, The Anglo-Sudeten Club and the Czech Institute) and institutions founded by émigré artists (Jack Bilbo`s Modern Art Gallery and Arthur Segal`s Painting School). Chapter Four examines the works produced in internment and those exhibited and produced for the refugee organisations discussed in Chapter Three. Chapter Five discusses the results of this study in the light of three postcolonial concepts: diaspora communities, the notion of home and the gendered identity of the refugee. The appendix lists all painters, sculptors and graphic artists from Nazi Germany in Britain with biographical details. Apart from visual and written sources discussed for the first time, there are two major results of the study: First, although the artists were united as refugees, this unity did not lead to a unity in art - "refugee art" is a construction put forward by the British press and the refugee organisations, particularly by the Free German League of Culture. Second, contrary to claims that modern art was international and formed a universal unity that "transgressed" nationality, neither the West/Europe nor modernism form unities; instead, in the 1930s and 1940s, cultures in Europe constucted conceptions of other European cultures on the basis of nation-state identities.
Annegret Jürgens-Kirchhoff/Agnes Matthias (Hg.): Warshots. Krieg, Kunst & Medien. VDG Weimar 2006.
"Warshots" - das sind, in der Sprache des modernen Bildjournalismus, Aufnahmen vom Krieg. Dieser Sammelband widmet sich in interdisziplinärer Perspektive ganz unterschiedlichen Bildern vom Krieg. Sie wurden von Künstlerinnen und Künstlern im Versuch, ein kriegerisches Geschehen zu dokumentieren und zu kommentieren, zu heroisieren oder zu kritisieren, entwickelt. Thema sind damit die Medien Malerei, Grafik, Fotografie, Film, Video und Internet. In der Analyse verschiedener Praktiken der künstlerischen Medialisierung von Kriegen wie jenen der frühen Neuzeit, dem Spansich-Amerikanischen Krieg von 1898, dem Ersten Weltkrieg, dem Vietnamkrieg, dem Krieg in Afghanistan oder dem jüngsten Irakkrieg wird die zeitgenössische Dimension des Begriffs in historische Bezüge gesetzt. So wird deutlich, dass die Steuerung gesellschaftlicher Prozesse über Bildmedien gegenwärtig zwar eine neue Qualität erreicht hat, diese Entwicklung in der Geschichte der visuellen Medien aber durchaus Vorläufer besitzt.
Gerd Brüne: Pathos und Sozialismus: Studien zum plastischen Werk Fritz Cremers (1906-1993). VDG Weimar 2005.
Fritz Cremer, dem einst "dominierenden Bildhauer in der DDR", ist diese kunsthistorische Arbeit gewidmet. Als Basis dienen dabei nicht zuletzt Archivmaterialien, die erst seit den 1990er Jahren zugänglich sind. So werden auch Aspekte wie etwa die "Anpassung" des Künstlers an politische Vorgaben in ihrem historischen Kontext wahrgenommen und differenziert bewertet. Der Blick richtet sich vor allem auf jene Kunst, die Cremer berühmt machte: seine nach 1945 für öffentliche Plätze in Österreich und in der DDR geschaffenen Monumentalplastiken. Vom Mahnmal auf dem Wiener Zentralfriedhof über die Buchenwald-Gruppe bei Weimar bis zum Berliner Brecht-Denkmal reicht das Spektrum der Monumente. In ihm spiegelt sich ein grundlegender Wandel: Spätestens seit den 1960er Jahren sah der Bildhauer in der Plastik für den öffentlichen Raum ein Medium, das den Betrachter zu eigenständigen politischen Reflexionen anregen soll, statt ihn zu überwältigen und so zu entmündigen.
Der Autor weist nach, wie Cremers künstlerische Anschauungen sein Schaffen beeinflussten - und Konflikte mit seinen Auftraggebern heraufbeschworen.
"Brüne nimmt hingegen Cremer und in erster Linie seine Denkmal- wie auch Porträtplastik als Beiträge zur Kunst des 20. Jahrhunderts ernst. Jede künftige Beschäftigung mit dem Bildhauer wird sich auf seine sorgfältigen Untersuchungen stützen können, für die ihm Cremers Witwe den schriftlichen und zeichnerischen Nachlaß zugänglich machte, der wertvolle Einsichten in Vorgänge und in Gedankengänge des Künstlers ermöglichte." Peter H. Feist, Journal für Kunstgeschichte, Heft 1/2006.
Rosamunde Neugebauer: Zeichnen im Exil - Zeichen des Exils? Handzeichnungen und Druckgraphik deutschsprachiger Emigranten ab 1933. Weimar VDG 2003.
Die Welterfahrung Exilierter ist zwangsläufig eine andere als die jener Menschen, die ohne Not reisen oder trotz widriger Umstände in der Heimat verbleiben. Was aber genau ist das Exil? Wo ist es lokalisiert und von welcher Dauer ist es?
Das Exil erscheint als der "Ort Nirgendwo", jenseits der Abfahrt von der alten Heimat und diesseits der Ankunft in einer neuen Heimat, als ein Zwischen-Zeit-Raum, ein psychischer Schwebezustand, der ungewissen Halt bietet, so, als habe man einen Rettungsanker im Treibsand ausgeworfen.
In der vorliegenden Studie interessiert die Frage, welche Auswirkungen die Erfahrung des Fremden auf das Werk jener sich "zwischen den Welten" bewegenden Kunstschaffenden hat. Wenn das Exilerlebnis zu den wesentlichen Krisenerfahrungen des Individuums in der Neuzeit gehört, das man wie das Erleben von Gewalt und Tod auf irgeneine Weise verarbeiten muss, um nicht daran zu Grunde zu gehen, so dürfte gerade die Kunst im Exil paradigmatisch Erkenntnis über die kreativen Chancen des "beschädigten Lebens", seine alltäglichen Katastrophen, Freiheiten und Zwänge ermöglichen. So lautet die These dieser Untersuchung, dass sich im Werk der Exilierten ästhetische Zeichen finden, die als Ausdruck und als Indiz der Erfahrung des Exils interpretiert werden können.
Die Arbeit ist ein Versuch, diese ästhetischen Zeichen zu systematisieren und zu analysieren. Künstlerische Werke - in diesem Fall Handzeichnungen und Druckgraphiken - werden als anschauliche und sinnhaltige Texte betrachtet, deren Botschaft in unterschiedlichen Graden dechiffrierbar ist.
Wolfgang Klein (Hg.): Der Realismusstreit: eine Debatte um Kunst und Gesellschaft - Paris 1936. VDG Weimar 2001.
"Verunsicherung auf allen Gebieten, in allen Sphären, persönlich, beruflich, gesellschaftlich, politisch, ein bedrohliches Erdbeben sozusagen, das überall registriert wird" - so wie der exilierte Kunsthistoriker Klaus Berger empfanden auch viele Franzosen die Jahre zwischen Volksfront und Weltkrieg. Maler und Schriftsteller fragten 1936, wie "alles, was Menschen bewohnen oder durchmessen", menschlich gestaltet werden (Le Corbusier), wie der Arbeiter "Zugang zur Schönheit der Bilder" erlangen (Léger), wie der Künstler als "Herr der Erscheinungen" mit "dem Feuer der Wirklichkeit" spielen (Aragon), wie Kunst zum Mittel werden könnte, "vom Schicksal Besitz zu ergreifen" (Malraux).
La Querelle du Réalisme, die Dokumentation dieser Debatten, wird hier erweitert und erstmals deutsch herausgegeben - Kunstgeschichte mit einer kulturellen Fülle und sozialen Energie, welche durch die späteren Politisierungen und Kategorisierungen inzwischen fast nicht mehr vorstellbar geworden sind.
Jutta Held (Hg.): Metropolenkultur: Kunst und Kulturpolitik der 90er Jahre in den Zentren der Welt. VDG Weimar 2000.
Das Feld, in dem Kultur und Politik ineinandergreifen, ist in dem letzten Jahrzehnt rigoros umstrukturiert, und damit das Gesicht der Städte in erheblichem Maße verändert worden. In immer schnelleren Schüben der Modernisierung wird der öffentliche Raum, eine Errungenschaft des Bürgertums, die erkämpft worden ist, den wirtschaftlichen Privatinteressen geopfert. Die "event"-Kultur greift in die historische Substanz der Städte ein und droht sie auszuhöhlen. Eine immaterielle Kommunikationsstruktur, beweglich und ohne Dauer, beginnt, die stabile Denkmalkultur der Vergangenheit zu ersetzen. Die Beiträge in diesem Band bieten exakte und facettenreiche Analysen de Kultur und Kulturpolitik, die diese Veränderungen hervorbringen, reflektieren und auf sie reagieren. Es werden Großstädte Europas, der USA, Lateinamerikas, Israels, der ehemaligen Sowjetunion und Afrikas untersucht und in lebendigen Porträts ihre aktuellen Probleme dargestellt.
Gabriele Saure/Gisela Schirmer (Hg.): Kunst gegen Krieg und Faschismus. 37 Werkmonographien. VDG Weimar 1999.
In neuen Interpretationen werden bekannte Gemälde wie Picassos Guernica oder George Grosz` Deutschland. Ein Wintermärchen vorgestellt und mit bisher kaum beachteten künstlerischen Arbeiten konfrontiert, die den Blick für die erstaunliche Bandbreite einer oppositionellen Kunst öffnen. Den Schwerpunkt dieser Sammlung bilden Werke, die - zwischen 1937 und 1942 entstanden - in die Exilländer führen und verschiedenartige Erfahrungen und Formen des Widerstands dokumentieren. Untersucht werden auch künstlerische Reaktionen auf den Ersten Weltkrieg in Deutschland und auf den Faschismus in Österreich und anderen Ländern. Weitere Beiträge widmen sich de unterschiedlichen Verarbeitung faschistischer Vergangenheit nach 1945 in Ost- und Westdeutschland und im Ausland sowie aufrüttelnden Formulierungen, die in der Folge der "Kulturrevolution" der sechziger Jahre entstanden sind. Die 37 Werke fügen sich zu einem eindrucksvollen Kompendium engagierter Kunst, die in das 19. jahrhundert reicht und das 20. Jahrhundert mit internationalen Beispielen bis in die Gegenwart umspannt. Darüber hinaus ermöglicht der Band durch die Mitarbeit zahlreicher renommierter WissenschaftlerInnen einen Einblick in die Methodenvielfalt heutiger kritischer Kunstgeschichte.
Martin Papenbrock/Gabriele Saure (Hg.): Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen. Mit einer Einführung von Jutta Held. Teil I: Ausstellungen deutscher Gegenwartskunst in der NS-Zeit. Eine komentierte Bibliographie. Bearbeitet von Martin Papenbrock und Anette Sohn. VDG Weimar 2000.
Die Bibliogaphie dokumentiert ca. 400 Ausstellungen zur deutschen Gegenwartskunst aus den Jahren 1937 bis 1945 anhand von in deutschen Bibliotheken nachgewiesenen Katalogen. In einem Register werden die an diesen Ausstellungen beteiligten ca. 12 000 KünstlerInnen namentlich erfaßt. Ein umfangreicher Anhang listet alle Ausstellungen auf, die in das "Mitteilungsblatt der Reichskammer der bildenden Künste" aufgenommen wurden, aber nicht nachgewiesen werden konnten.
Martin Papenbrock/Gabriele Saure (Hg.): Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen. Mit einer Einführung von Jutta Held. Teil II: Antifaschistische KünstlerInnen in Ausstellungen der SBZ und der DDR. Eine kommentierte Bibliographie versehen mit einem Index verfolgter Künstlerinnen und Künstler. VDG Weimar 2000.
Die Bibliographie zur Ausstellungsgeschichte des 20. Jahrhunderts verzeichnet mehr als 300 Ausstellungskataloge der SBZ/DDR aus den Jahren 1945 bis 1989, an denen von den Nationalsozialisten verfemte KünstlerInnen teilgenommen haben. Analog zu dem beriets erschienenen Band "Entartete Kunst", Exilkunst, Widerstandskunst in westdeutschen Ausstellungen nach 1945 von Martin Papenbrock werden in einem Anhang die betroffenen KünstlerInnen aufgelistet, ihre Verfolgung dokumentiert und ihre Präsenz in den Ausstellungen registriert.
Katja Tönnesmann: Die Zweihundertjahrfeier der Französischen Revolution: Bildrhetorik zwischen Aufklärung und Unterhaltung. VDG Weimar 1999.
Das Buch untersucht die inhaltlichen und gestalterischen Ziele, die sich die sozialistische Regierung Frankreichs in den späten 1980er Jahren bei der Definition nationaler Identitätsmuster setzte. Die Französische Revolution ist der Linken dabei ein heute noch gültiger Maßstab. Allerdings verkündeten die offiziellen Feierlichkeiten die Ideale von 1789 weniger denn je im Politischen oder im Sozialen. Während der Zweihundertjahrfeier wurden Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit im kulturellen Feld geltend gemacht und ästhetisch inszeniert. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die dem Karneval entlehnten, im Zeichen des Multikulturalismus stehende Parade des 14. Juli, die globale Kunstschau "Magiciens de la Terre" und die von den Künstlern Sarkis, Daniel Buren, Jean-Luc Vilmouth und Ange Leccia gestaltete Feier der Kanonade von Valmy.
Britta Lammers: Werbung im Nationalsozialismus: die Kataloge der "Großen Deutschen Kunstausstellung" 1937-1944. VDG Weimar 1999.
Politik, Werbung, Propaganda und bildende Kunst sind das Thema des vorliegenden Buches, das weit über den engeren Rahmen, eine Untersuchung über Werbebilder in den Katalogen der "Großen Deutschen Kunstausstellung" (von 1937 bis 1944) hinaus verfolgt wird. Dahinter steckt die Einsicht, nur aufgrund umfassender Kenntnisse über Politik und Alltagswirklichkeit im "Dritten Reich" den speziellen ästhetischen Gegenstand untersuchen zu können, und dazu gehört unabdingbar die Rekonstruktion der historischen Realitäten. Die konsequente Einbeziehung der Geschichte und Vorgeschichte des Faschismus sowie der interdisziplinäre Zugang ermöglichen es, die künstlerischen Phänomene zu verorten.
Die Prinzipien der Werbung im Nationalsozialismus, der Einsatz von Werbepsychologie, die besonderen Bedingungen der Wirtschaftswerbung im Nationalsozialismus werden eingehend behandelt, bevor sich die Autorin dann ihrem eigentlichen Thema zuwendet, den speziellen Inhalten der Werbung und den Formen ihrer Inszenierung. In jedem Fall werden Vergleiche zur bildenden Kunst gezogen. Die Auswahl der Motive und die gestalterischen Prinzipien werden aus den politischen Präferenzen und propagandistischen Zielen des Nationalsozialismus erklärt. Die ungewöhnlich breit angelegten Recherchen lassen es zu, Details der Motive richtig einzuschätzen und Divergenzen zwischen den Werbebildern und tatsächlicher gesellschaftlicher Praxis zu erkennen und zu deuten. Werbung im Nationalsozialismus stellt nicht nur eine Fülle an Material bereit, sondern evaluiert und erprobt zugleich auch viele Gesichtspunkte und unterschiedliche Interpretationszugänge und geht über die Grenzen einer üblichen kunsthistorischen Abhandlung hinaus.
Jutta Held (Hg.): Symbole des Friedens und des Krieges im öffentlichen Raum: Osnabrück, die "Stadt des Westfälischen Friedens". VDG Weimar 1998.
Die Aufsätze des Bandes verstehen sich als Beiträge zu einer Stadtgeschichte Osnabrücks in friedenspolitischer Perspektive. Die Autoren und Autorinnen fragen danach, welche Symbole im öffentlichen Raum Krieg und Frieden thematisieren und von welcher kulturellen und sozialen Praxis sie zeugen. Vielen kriegerischen Monumenten - vor allem den Kriegerdenkmälern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts - stehen seltene öffentliche Bekenntnisse zum Frieden gegenüber. Erst seit den 70er Jahren versteht sich Osnabrück als "Friedensstadt"; sie deutet den "Westfälischen Frieden" und das Werk Felix Nussbaums als Zeichen ihres Friedenswillens. Die Ambivalenzen dieses städtischen Engagements werden in Studien des Bandes herausgearbeitet.
Jutta Held (Hg.): Philosophie als politische Praxis: erinnerte Zeitgeschichte. Interview mit Günter Freudenberg und Ursula Freudenberg. VDG Weimar 1997.
Das Buch wurde mit der Methode der Oral History erarbeitet. Der Philosophie-Professor Günter Freudenberg, der nicht nur als Kulturtheoretiker, sondern zugleich durch seine praktischen kulturpolitischen Initiativen bekannt geworden ist, antwortet auf Fragen und erzählt zusammen mit seiner Frau, Ursula Freudenberg, von ihrem gemeinsamen Leben.
Der weit gespannte Bogen reicht von Kindheitserinnerungen an die Nazizeit über den Krieg, das Studium in Freiburg in den frühen Nachkriegsjahren bis zu den universitären und kommunalen Reformbestrebungen in den 70er Jahren, zur Friedensbewegung und zu dem Engagement in der "Dritten Welt", Politikfeldern, die Freudenberg durch seine Tätigkeit im Sinne basisdemokratischer Ziele mitstrukturierte. Freudenberg praktizierte eine neue Form des interkulturellen Austauschs und äußerte sich theoretisch dazu, lange bevor der postkoloniale Diskurs in Mode kam. Seine internationalen Kontakte, seine Freundschaften und Begegnungen mit Heidegger, Szilasi, Enzensberger, Isang Yun, Gollwitzer und vielen anderen kommen genauso zur Sprache, wie das private und familiäre Leben, das Aufschluß gibt über die Lebensentwürfe einer Generation.
Gisela Schirmer: Käthe Kollwitz und die Kunst ihrer Zeit: Positionen zur Geburtenpolitik. VDG Weimar 1998.
Als 1931 die Menschen in Massen gegen den § 218 auf die Straße zogen, organisierte man in Berlin eine Ausstellung mit dem Titel "Frauen in Not". Von dieser ausstellungsgeschichtlich spektakulären Veranstaltung ausgehend, untersucht die Autorin die Wechselbeziehungen zwischen Kunst und den gesellschaftlichen Prozessen im Umfeld der Geburtenpolitik. Damit wird ein Forschungsgebiet geöffnet, in dem sich private und öffentliche Interessen sowie die Ansprüche weiblicher Autonomie und männlicher Macht konfliktreich verschränken. Es wird gezeigt, wie Käthe Kollwitz, die die menschliche Regeneration und ihre soziale Problematik zu einem zentralen Thema erhob, zur Leitfigur in den Auseinandersetzungen werden konnte.
Unter dem Aspekt der Geburtenpolitik werden auch zu Hans Baluschek, Ernst Barlach, Conrad Felixmüller, George Grosz, Sella Hasse, Katharina Heise, Hannah Höch, Hanna Nagel, Felix Nussbaum, Emy Roeder, Arthur Segal, Christoph Voll und Heinrich Zille neue Ergebnisse vorgestellt. Der Blick auf die künstlerischen und ideologischen Interaktionen erhellt eine brisante Phase in der Geschichte der Geschlechterverhältnisse im 20. Jahrhundert.
Martin Papenbrock: "Entartete Kunst" - Exilkunst - Widerstandskunst in westdeutschen Ausstellungen nach 1945. Eine kommentierte Bibliographie. VDG Weimar 1996.
Die öffentliche Rehabilitierung der in der NS-Zeit verbotenen Kunst konzentrierte sich nach 1945 zunächst auf die in den Weimarer Jahren musealisierte Moderne ("Entartete Kunst"), während die spätere Kunst der Emigranten und die politische Widerstandskunst lange unbeachtet blieben. Die vorliegende Bibliographie verzeichnet und kommentiert mehr als 1.000 Ausstellungen zur "Entarteten Kunst", zur Exil- und Widerstandskunst und dokumentiert die Ausstellungspräsenz der von den Nationalsozialisten verfolgten Künstler nach 1945. Ein umfangreicher künstlerbiographischer Anhang informiert über die Diskriminierung und Verfolgung von mehr als 1.500 Künstlern und listet ihre Ausstellungsbeteiligungen nach 1945 auf. Auf einer breiten Datenbasis wird dem Benutzer ein schneller Zugriff auf Informationen über Ausstellungen und Künstler aus dem Bereich der "Entarteten Kunst", der Exil- und Widerstandskunst ermöglicht. In einer Einführung werden Tendenzen, Entwicklungen und Veränderungen in den Ausstellungskonzepten seit 1945 erläutert und im Zusammenhang dargestellt.
Gabriele Saure: "Nacht über Deutschland". Horst Strempel - Leben und Werk. Argument Hamburg 1992.
Horst Strempel (1904-1975) ist einer der zu Unrecht Vergessenen des deutschen Exils. Künstler und Schriftsteller wie Brecht, Benjamin, Hofer, Adorno, die Gebrüder Mann (um nur einige zu nennen) gehören zu den prominenten Persönlichkeiten, die vor dem Naziregime fliehen mußten. Warum fehlt Horst Strempel in der Reihe dieser Namen? Die Kunsthistorikerin Gabriele Saure hat sich auf die Spurensuche gemacht, und ein Künstlerschicksal entdeckt, das, widerständig und widersprüchlich zugleich, den politischen Frontstellungen der Jahrhundertmitte seinen Tribut zollte.
Wie viele andere engagierte sich auch Strempel, Schüler von Oskar Moll, Otto Mueller und Karl Hofer, in den zwanziger und dreißiger Jahren politisch und künstlerisch auf der Linken, ging 1933 in die Emigration nach Paris, wurde bei Kriegsbeginn interniert und kehrte 1941, von den Strapazen des Exils zermürbt, freiwillig nach Deutschland zurück. Nach dem Krieg entscheidet er sich für die SBZ/DDR und gehört in Berlin zu einem Kreis antifaschistischer Künstler, die durch ihre Tätigkeit den Aufbau des Sozialismus unterstützen wollen. In den Jahren zwischen 1945 und 1953 entstehen seine bedeutendsten Werke, zu denen das antifaschistische Gemälde Nacht über Deutschland ebenso gehört wie die (z.T. kollektiv geschaffenen) großen Wandbilder. Schon bald aber hat ihn der lange Schatten einer totalitären Politik wieder erreicht: von stalinistischen Kunstbeauftragten wird er des Formalismus geziehen, sein berühmtes Wandbild Trümmer weg! Baut auf! im Bahnhof Friedrichstraße wird entfernt. 1953 emigriert Strempel erneut - nach Westberlin. Dort wiederum macht ihn sein sozialistisches Engagement den kalten Kriegern verdächtig. Aber auch künstlerisch gerät er zwischen die Fronten, vermag an sein Schaffen der Nachkriegszeit ebensowenig anzuknüpfen wie an die westliche Avantgarde.
Gabriele Saures präzise Analyse von Strempels Leben und Werk macht die komplexe Dialektik von Geist und Macht, Ohnmacht und Ungeist sichtbar, der Horst Strempel als künstlerisches wie politisches Individuum sich ausliefert. Eine politisch sich verstehende Kunstgeschichte kommt an seinem Werk nicht vorbei.
Jutta Held (Hg.): Der Spanische Bürgerkrieg und die bildenden Künste. Argument Hamburg 1989.
Antifaschistische Kunst und Antikriegskunst werden an keinem Ort der BRD systematisch gesammelt oder dokumentiert. Deswegen sind viele Künstler vergessen, die im Widerstand gegen den Faschismus leben und arbeiten mußten. Ziel der Guernica-Gesellschaft ist es, sich der in Vergessenheit geratenen oder in Vergessenheit gebrachten antifaschistischen Kunst anzunehmen, sie zu erforschen und zu dokumentieren.
Der erste Band der Reihe hat programmatischen Charakter: Der Spanische Bürgerkrieg, zumal Guernica, signalisierte weltweit die drohende Gefahr des Faschismus.
Versammelt sind Forschungen unterschiedlicher Richtungen. Einen Schwerpunkt bilden neue Analysen und Materialien zu Picassos Werken zum Spanischen Bürgerkrieg, insbesondere zu seinem Guernica-Bild.